In Basel-Stadt mehren sich Fälle, in denen Mietliegenschaftsbesitzer von einer notwendigen Sanierung Abstand nehmen, weil sie sich nicht mehr rechnet. Grund: Die Wohnschutzkommission (WSK) redet bei der Mietzinserhöhung mit. Andreas Zappala, Geschäftsführer des HEV Basel-Stadt, hat für HEV-Mitglieder schon diverse Berechnungen gemacht. «Basierend auf dem Mietrecht und den bundesgerichtlichen Vorgaben ergibt sich ein drei Mal höherer zulässiger Mietzinsaufschlag, als wenn die Berechnung aufgrund der Vorgaben der Wohnschutzbestimmungen erfolgt.»
Zudem sei unklar, so Zappala, ob die WSK alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Investition entstehen, in diese Berechnung einfliessen lasse. «Denn unter dem Aspekt, dass nur Investitionskosten zulässig sind, die dem überwiegenden Bedürfnis der Wohnbevölkerung dienen und die notwendig sind, um die Wohnung in der gleichen Kategorie zu belassen, können Kostenelemente herausgestrichen werden», sagt Zappala. «Wenn man dann von diesen Restkosten noch 50 Prozent nimmt und mit 2,3 Prozent kapitalisiert, resultiert eine noch kleinere Mietzinserhöhung.»
Investitionen lohnen sich nicht
Während im Baselbiet vor allem von linker Seite der Ruf nach mehr Mieterschutz und restriktiveren Wohnschutzauflagen stärker wird, zeigen sich in Basel-Stadt die ersten negativen Folgen der neuen Bestimmungen – Investoren ziehen sich zurück, selbst bei Heizungssanierungen. Denn die Erneuerung eines Heizsystems gilt als wertvermehrende Investition und wird deshalb gleichbehandelt wie jede andere Sanierung. Die Folge ist ein Anstieg des Vermögenswertes. Ein weiterer Grund sind strenge Kontrollen. «Der Anschluss an die Fernwärme oder die Installation einer Wärmepumpe ist einerseits bewilligungspflichtig, andererseits untersteht sie der Mietzinskontrolle», erklärt Zappala – und rechnet vor: «Wenn die erwähnten 2,3 Prozent nur auf maximal 50 Prozent der Investition gerechnet werden dürfen, entspricht die Kapitalisierung oder Verzinsung der gesamten Investition 1,15 Prozent.»
Für diesen Zinssatz erhalte man aktuell keine Hypothek, so Zappala. «Das heisst, mit der zugelassenen Mietzinserhöhung nach WSK hat der Eigentümer nicht einmal seine Finanzierungskosten gedeckt.»
Betroffen von diesen neuen Wohnschutzauflagen ist auch die Baloise. Sie gilt mit rund 1100 Wohnungen in Basel-Stadt und 1200 Wohnungen in Basel-Landschaft als Grossinvestor und lässt jährlich schweizweit zwischen 150 bis 200 Mio. Franken in den Unterhalt und in die Sanierung von Wohnliegenschaften fliessen. «Wer in Wohnimmobilien investiert, muss einen Ertrag erzielen, damit das Investment interessant ist», sagt Stefan Frehner, Leiter Bau und Entwicklung bei der Baloise. «Wenn bei einer Liegenschaft Bäder, Heizung und die Gebäudehülle saniert werden, muss die Investition auf die Mieten umgewälzt werden können.»
Auch für Frehner wirkt sich der «rigide Wohnschutz» auf Investitionen aus, wenn nur rund 1 Prozent Rendite erzielt werden darf. «Nach den Vorgaben des Bundesrechts sind rund 3 Prozent erlaubt», sagt Frehner. «Unter den Rahmenbedingungen des Basler Wohnschutzes lohnen sich Investitionen in die Renovation von Liegenschaften schlicht nicht mehr.»
Ivan Ingletti, Immobilienbewirtschafter bei der Bürgschaftsgenossenschaft Baselland, stellt ebenfalls fest, dass sich für viele Eigentümerinnen und Eigentümer die Amortisation von Investitionen nicht mehr rechnet. «Wer kauft zurzeit eine Mietliegenschaft in Basel-Stadt? Man hat schlechte Karten, um das Objekt später wieder abzustossen oder etwas Gewinnbringendes daraus zu machen», so Ingletti. «In Basel-Stadt haben uns alle Eigentümer, die wir betreuen, signalisiert, dass sie nichts am Gebäude machen wollen. Ein Architekt beispielsweise überlegt sich, sein Haus aufgrund der Auflagen zu verkaufen.» Eine weitere Reaktion auf das Basler Wohnschutzgesetz erfolgte in Riehen. Wie das Online-Portal «Prime News» berichtete, stoppte das Immobilienunternehmen Nyfag AG Investitionen von 50 Mio. Franken in dringend benötigte Alterswohnungen. Grund: Die Investitionen rechnen sich nicht mehr.
Schlecht fürs Klima
Was oft vergessen geht, ist, dass Investoren wie Versicherungen und Pensionskassen im Bereich Rendite kaum Spielraum haben. «Der Grossteil unserer Immobilien sind im Besitz unserer Versicherten», sagt Frehner. «Da braucht es eine Mindestrendite, die zwischen 2 und 4 Prozent liegen muss, damit wir sichere Renten und andere Versicherungsleistungen ausrichten können. Wenn nur 1 Prozent Rendite möglich ist, gibt es andere Anlagemöglichkeiten als Immobilien für das Geld unserer Versicherten.» Frehner betont, dass man den Versicherten verpflichtet sei.
Die Baloise wolle zwar sanieren und investieren, um die CO2-Bilanz der Gebäude deutlich zu verbessern und die Klimaziele «Paris 2050» zu erfüllen, so Frehner. «Wir wollen aber dort investieren, wo die Renten noch finanziert werden können.»
Die Baloise ist bei Weitem kein Einzelfall. Alle Investoren, Versicherungen und Pensionskassenverwaltungen machen einen Bogen um Basel oder sind sehr zurückhaltend geworden, gerade in Bezug auf Bestandesliegenschaften. «Investoren meiden Basel und setzen ihre Gelder lieber in die Sanierungen von Liegenschaften ausserhalb des Kantons», sagt Zappala. «Das hat mir vor Kurzem auch ein privater Eigentümer erklärt, der noch zwei Liegenschaften ausserhalb von Basel hat. Zuerst saniert er dort, bevor er Geld für eine Sanierung seiner Liegenschaft in Basel einsetzt.» Es gebe auch Investoren, die dabei seien, das Liegenschaftsportfolio in Basel abzustossen oder zu verkleinern, erklärt Zappala.
Für Experten gilt es als sehr wahrscheinliches Szenario, dass Basel-Stadt das gleiche Schicksal wie Genf ereilt. «Die Gebäude in Basel werden verlottern, weil zu wenig investiert wird», sagt Frehner. «Und die ambitionierten Klimaziele, Stichwort ‹Netto-Null 2037›, können so sicherlich nicht erreicht werden.»
«Bittere Pille» für Stadtentwicklung
In Basel-Stadt hat der Grosse Rat am 15. Mai einem Gegenvorschlag zur von linker Seite lancierten Initiative «Basel baut Zukunft» zugestimmt. Diese wollte, dass auf allen Entwicklungsarealen 50 Prozent als preisgünstiger Wohnraum gebaut werden muss – und bei der Mietgestaltung hätte die Wohnschutzkommission mitgeredet. LDP-Grossrat Lukas Faesch nannte die Initiative eine «radikale Forderung» und den Gegenvorschlag eine «bittere Pille».
Der Gegenvorschlag sieht nun vor, dass bei Arealen von mehr als 15 000 Quadratmetern mindestens ein Drittel der Wohnungen zur Kostenmiete angeboten werden müssen. Wie sich die Investoren damit arrangieren, wird sich weisen. Für die Baloise hängt ein Engagement auf den Entwicklungsarealen grundsätzlich von «akzeptablen Rahmenbedingungen» ab. Was das genau heisst, lässt das Unternehmen offen.
Foto: Auf dem ehemaligen Industrieareal im Klybeck soll ein neuer Stadtteil entstehen. Vorgesehen sind auch Wohnhäuser. Wie weit sich Investoren hier tatsächlich engagieren, ist auch abhängig von den Wohnschutzauflagen. Illustration: Klybeckplus/BVD BS
Aus dem Standpunkt vom 7. Juni.