Einfach mal Tatsachen schaffen

Einfach mal Tatsachen schaffen

Editorial von Christoph Buser (Direktor) aus dem aktuellen Standpunkt der Wirtschaft.

Was sich die politische Mehrheit sowie die Behörden im Bausektor gerade leisten, lässt den Betrachter ungläubig die Augen reiben. Wenn durch Vorschriften oder Projekte wie die Kantonsstrassenverlegung in Münchenstein KMU bedrängt oder, wie geplant, gar enteignet werden, bleibt das nicht ohne Folgen für den Wirtschaftsstandort, den der Kanton ja eigentlich fördern möchte. Jedenfalls bekräftigt er das immer wieder bei jeder passenden Gelegenheit.
 

Das Vorgehen bei der Talstrasse in Münchenstein ist befremdlich und erinnert an die Buebetrickli-Strategie beim Energiegesetz. Obwohl das kantonale Velowegnetz erst diesen Herbst vorgestellt wird, kommt die Bau- und Umweltschutzdirektion jetzt schon und sagt, es brauche durch die Gewerbe- und Industriezone von Münchenstein und Arlesheim unbedingt eine neue Veloroute. In einem Gebiet notabene, in dem bereits mehrere Fahrradstrecken bestehen. Offenbar finden die Behörden am Vorgehen Gefallen, zuerst einfach mal Tatsachen zu schaffen und dann erst die politische Legitimation dafür einzuholen. Es macht den Anschein, man sei seiner Sache sicher und könne machen, was man wolle.


Wenn mit Enteignung von KMU-Gebäuden gedroht wird, um Platz für neue Velorouten zu schaffen, stellt sich wirklich die Frage, wie ernst es der Regierungsrat mit der Schaffung guter Rahmenbedingungen für die KMU meint. Und ob ihm die Planungssicherheit für Unternehmen überhaupt etwas wert ist.


Auch was in Basel zurzeit zu beobachten ist, darf den Baselbieter KMU nicht egal sein: Denn wenn sich grosse Investoren wie die Baloise oder die UBS zurückziehen und wichtige Marktplayer wie die Stamm AG vor den Folgen der Wohnschutzauflagen warnen, so kann das nicht einfach ignoriert werden. Am Ende treffen übertriebene Regulierungen im Bausektor auch die KMU und ihre Mitarbeitenden.


Private Investoren sind essenziell für die Wirtschaft, das kann nicht genug betont werden, und ihre Investitionen sind für zahlreiche kleinere und mittlere Unternehmen überlebenswichtig. Dass die Sanierungsziffer aller Wohnbauten schweizweit gerade mal ein Prozent beträgt, sollte uns zu denken geben. Das ist viel zu wenig und führt auch nicht zum positiven Effekt aufs Klima, der politisch angestrebt wird. Bei diesem Tempo würde es 100 Jahre dauern, bis alle Gebäude saniert wären.


Das Installieren von planwirtschaftlichen Steuerungselementen hat also weitreichende Folgen. Nicht nur für den Wohnungsbau und die Gebäudesanierung, sondern auch für die Existenz von Handwerker- und Dienstleistungsbetrieben, die im Bausektor oder Gebäudeservice tätig sind. Mit Blick auf Genf und nun Basel-Stadt sollte das Baselbiet deshalb die Bauauflagen lockern, sicher aber nicht verschärfen.

 

Aus dem Standpunkt vom 7. Juni.

Fr. 7. Juni 2024