Die Mobilitätsbedürfnisse zwischen Stadt und Land driften auseinander – ein Trend, der auch entlang der Verkehrsplanung beider Basel sichtbar wird. Während Basel-Stadt mit seinen urbanen Strukturen stark auf ÖV-, Velo- und Fussverkehr setzt, ist im ländlich geprägten Baselbiet das Auto für viele Menschen nach wie vor unverzichtbar – sei es für den Arbeitsweg, die Kinderbetreuung oder alltägliche Besorgungen. Doch dieser Realität trage das aktuelle Agglomerationsprogramm der trinationalen Region Basel kaum mehr Rechnung, heisst es aus bürgerlichen Kreisen.
Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass die Kritiker nicht falsch liegen: Im sogenannten A-Horizont der fünften Programmgeneration – dem entscheidenden Zeitfenster für Projekte mit Bundesmitfinanzierung – findet sich lediglich ein einziges Vorhaben zugunsten des motorisierten Individualverkehrs (MIV) wieder. Nur 26 Prozent der Gesamtkosten werden für den MIV zur Verfügung gestellt. Dies steht im Kontrast zu den Forderungen vieler Baselbieter Wirtschaftsvertreter, die den dringendsten Handlungsbedarf im Bereich der Engpassbeseitigung auf den Strassen sehen.
«Es kann nicht sein, dass eine Region mit der wirtschaftlichen Bedeutung des Baselbiets beim Strassenbau systematisch leer ausgeht und so die Last der vielen Staus tragen muss», sagt FDP-Landrätin Christine Frey, die nun via Motion den Druck erhöht. «Unsere Bürger, aber auch unsere KMU, sind auf funktionierende Verkehrsachsen angewiesen – genau diese aber werden inzwischen nicht mehr prioritär behandelt. Bevölkerung und Wirtschaft fühlen sich zunehmend alleine gelassen.»
Starkes Ungleichgewicht
Weiter kritisiert Frey die Aushöhlung eines ursprünglichen Prinzips: Verkehrsprojekte sollten wieder unabhängig der Verkehrsart, dafür aber nach ihrem gesellschaftlichen Nutzen beurteilt werden. In der Praxis werde dieser Grundsatz allerdings zunehmend durch ideologische Gewichtungen ersetzt.
Der Regierungsrat selbst verweist zwar auf die weiterhin geltende Neutralität, räumt jedoch in Antworten auf bisherige Vorstösse ein, dass das Verhältnis zwischen den Verkehrsarten tatsächlich stark verschoben sei.
«Wir wollen keine Konfrontation mit Basel-Stadt, aber wir müssen die Interessen unserer Gemeinden endlich ernst nehmen», sagt auch SVP-Landrat Andi Trüssel, Mitglied der Bau- und Planungskommission. «Ein eigenständiges Agglomerationsprogramm würde es uns ermöglichen, näher an den Bedürfnissen der Bevölkerung zu planen und zu investieren.»
Frey begründet ihren politischen Vorstoss auch mit nationalen Entwicklungen: Denn in anderen Landesregionen werden vermehrt kleinere, stärker differenzierte Agglomerationen gebildet, um die Problemlösung näher an der Bevölkerung zu verankern. Dieser Ansatz bietet mehr Transparenz, schnellere Entscheidungsprozesse und eine bessere Mittelverwendung.
Klar ist: Bereits geplante Projekte auf Baselbieter Boden sollen entweder vollständig in ein neues Programm überführt oder im bestehenden Rahmen zu Ende geführt werden. Mittelfristiges Ziel jedoch sei die Ausarbeitung und Einreichung eines eigenen Programms.
Ob der Vorstoss Erfolg haben wird und das Baselbiet zu mehr verkehrspolitischer Selbstbestimmung findet, wird sich zeigen. Die Botschaft aber ist eindeutig: Die spezifischen verkehrspolitischen Bedürfnisse des Landkantons sollen künftig nicht mehr unter den Tisch fallen, sondern im Zentrum stehen.