Unter dem Motto «Wirtschaftsstandort Baselland: Zurück in die Erfolgsspur» lanciert die Wirtschaftskammer Baselland ein Impulsprogramm mit 16 Volksinitiativen, mit der Ambition, den Kanton aus seinem wirtschaftlichen Stillstand zu befreien. Getragen von den KMU im Baselbiet, zielen die Initiativen darauf ab, die schwindende Wirtschaftskraft zu revitalisieren, Firmenabwanderungen zu verhindern und Investoren anzulocken. Roman Mayer, Präsident der Wirtschaftskammer Baselland, betont: «Diese Initiativen sind eine direkte Antwort auf den spürbaren Unmut unter den KMU der Region.» Und Christoph Buser, Direktor der Wirtschaftskammer, ergänzt: «Wir haben nicht das Gefühl, als Wirtschaftsstandort in der Erfolgsspur zu sein.»
Der Kanton Basel-Landschaft und mit ihm seine Wirtschaft haben in den letzten Jahren merklich an Dynamik verloren. Andauernde Verkehrsprobleme, wachsende bürokratische Hürden und ein anhaltender Fachkräftemangel haben die wirtschaftliche Entwicklung stark gehemmt. Viele KMU betrachten das Baselbiet mittlerweile als «nicht attraktiven Standort», wie Buser anmerkt. Mayer unterstreicht, dass die Initiativen aus realen Bedürfnissen abgeleitet sind: «Die Brennpunkte sind bei allen KMU gleich. Besonders der Verkehr stellt für viele Unternehmen ein tägliches Hindernis dar. Die Mitarbeitenden, vor allem Grenzgänger, stecken auf dem Arbeitsweg tagtäglich lange im Stau fest.» Dies wirke sich negativ auf die Verfügbarkeit von Fachkräften aus.
Mehrfacher Handlungsbedarf
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, setzt die Wirtschaftskammer auf sechs Kernbereiche: Arbeitsmarkt, Berufsbildung, Staatswesen, Bürokratieabbau, Mobilität und Energie. Im Bereich Arbeitsmarkt ist alles Mögliche zu tun, damit wieder mehr Leute verfügbar sind. Die Anreize sind entsprechend anzupassen. Beispielsweise soll sich Vollzeitarbeit steuerlich lohnen. Oder Menschen, die über das Pensionsalter hinaus arbeiten möchten, sollen mit einem Rentenbonus dazu ermutigt werden. Auch bei Doppelverdiener-Paaren und Eltern sollen steuerliche Anreize helfen, damit die Unternehmen auf die Expertise dieser Fachkräfte zählen können. Zudem plädiert Mayer für eine stärker wirtschaftlich gesteuerte Zuwanderung.
Die Berufsbildung soll aus ihrem Schattendasein heraustreten. «Wir müssen wieder in die Köpfe bringen, dass eine Lehre nichts Schlechtes ist», betont Mayer. Mit einem Berufsbildungsfonds für nicht ausbildende Unternehmen soll die Ausbildungsbereitschaft von Betrieben hoch gehalten werden. Die Mittel aus dem Fonds sollen in Ausbildungssupport für die Lehrbetriebe und in ein verstärktes Berufsbildungs-Marketing gehen, um dem schleichenden Bedeutungsverlust der Berufsbildung entgegenzuwirken und so mehr Fachkräfte hervorzubringen.
Die unhaltbare Verkehrssituation mit den vielen Staustunden gleicht einem gordischen Knoten, der nun entschlossen durchschlagen gehört. «Wir sind punkto Strasseninfrastruktur auf dem Stand von 1970», kritisiert Buser. Die Wirtschaftskammer fordert innovative Lösungen wie leichter erreichbare Umsteigehubs an der Schnittstelle vom ländlichen zum urbanen Verkehr, aber auch eine direkte Tunnelverbindung zwischen den Wirtschaftsräumen Liestal und Arlesheim/Reinach. Zudem soll der Zubringer Bachgraben-Allschwil zügig realisiert werden.
Kritisch sieht die Wirtschaftskammer das Staatswachstum. «Der Staat ist mittlerweile der grösste Arbeitgeber», warnt Mayer. Dass der öffentliche Sektor dabei durch hohe Löhne Fachkräfte aus der Privatwirtschaft abziehe, stösst den KMU sauer auf. Buser vergleicht den Staat mit einer «nimmersatten Raupe», die viele Aufgaben an sich reisst und den KMU zunehmend Konkurrenz macht. Diese Entwicklung müsse gestoppt werden.
Auch die Bürokratie belastet die KMU zunehmend. «Es gibt immer mehr und noch mehr Regeln», beschreibt Mayer die Regulierungsspirale. Die Wirtschaftskammer fordert daher mehr Einfluss für das KMU-Forum des Kantons Basel-Landschaft, um frühzeitig gegen überbordende Regulierungen vorgehen zu können.
Trotz gesunkener Energiepreise bleibt Energie ein zentrales Thema für die KMU. «Hohe Energiepreise machen alles teuer», erklärt Buser. Dies bedrohe insbesondere energieintensive Betriebe. Betroffen sind viele grosse industrielle Produktionen, auch kleine Bäckereien und Gastrobetriebe kämpfen um ihre Existenz. Die Herausforderung bestehe darin, den Spagat zwischen Nachhaltigkeit und bezahlbarer Energieversorgung zu meistern.
Für die nächste Generation
Die 16 Initiativen sollen eine breite Debatte in Politik und Bevölkerung anstossen. «Wir appellieren an die Bevölkerung, nicht egoistisch zu denken», sagt Mayer. «Es geht vor allem um die nächste und übernächste Generation und die Sicherung des Wohlstandes. Wir müssen jetzt die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen.»
Ab 2026 könnten die ersten Initiativen zur Abstimmung kommen. Die Wirtschaftskammer hat bewusst den Weg der Volksinitiative gewählt. «Wenn man politisch über den Parlamentsbetrieb zu wenig vorwärtskommt, muss man vors Volk gehen», erklärt Mayer. Buser ergänzt: «Wir bilden uns nicht ein, alle 16 Initiativen vor das Volk zu bringen und 16 Mal zu gewinnen. Aber wir wollen erreichen, dass diese Themen auf politischer Ebene ernsthaft angegangen werden müssen.» Mayer unterstreicht die Dringlichkeit: «Wir müssen etwas tun, sonst verliert das Baselbiet den Anschluss und die Wirtschaft weiter an Kraft.»
Den Video-Podcast mit Roman Mayer, Präsident der Wirtschaftskammer Baselland, sowie Christoph Buser, Direktor der Wirtschaftskammer Baselland, finden Sie über diesen Link.